Anmerkungen zur Neurodermitis (Atopische Dermatitis, AD)
Sie tritt häufig schon im Vorschulalter auf, bei ca. 40% der Betroffenen aber erst im mittleren Lebensalter. Ihre Ursachen sind in erster Linie genetisch im Sinne einer lebenslangen Ekzembereitschaft. Es gibt außerdem zahlreiche Kofaktoren, die Einfluss auf den Verlauf haben, z.B. Witterung (Heizperiode), emotionaler Stress (daher der veraltete Begriff Neuro-Dermitis) u.a.m. Verlauf und Erscheinungsbild sind sehr variabel. Jahre-lange beschwerdefreie Phasen sind nicht selten.
Eine relevante AD kann, besonders bei Kindern und Jugendlichen, zu erheblichem Leidensdruck führen, mit Auswirkungen auf psychische Bereiche (Assoziationen mit ADS/ADHS, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Depression), Scham, Mobbing, sozialem Rückzug, Behinderung in Schule, Ausbildung und Beruf usw. Dennoch ist die AD bei einem Großteil der Betroffenen mangels adäqua-ter Behandlung ungenügend kontrolliert.
Nicht zuletzt wegen des variablen Krankheitsverlaufes gibt es kaum eine andere Diagnose in der Medizin, die - obwohl die Ursachen längst bekannt sind - zu derart viel Spekulationen und sinnlosen Behandlungen Anlass gibt, zum Nachteil der Betroffenen. Unzutreffende, längst widerlegte Hypothesen halten sich hartnäckig ("Die AD ist eine Nahrungsmittelallergie"), zahlreiche nutzlose Tests und Behandlungen werden angeboten und versprechen dauerhafte Heilung (die angesichts der genetischen Ursachen nicht möglich ist).
In den meisten Fällen ist die Erkrankung durch konsequente Pflegemassnahmen, Tips zur Reduktion des Juckreizes/ Kratzzwangs und erst dann durch den gezielten, meist lokalen und episodischen Einsatz von Medikamenten (mit vernachlässigbaren Risiken) in den Griff zu bekommen.
Urticaria ("Nesselfieber")
Unter Urticaria versteht man rasch auftretende, kurz dauernde (<24 Stunden), rote, juckende Hautveränderungen, die oft mit Quaddelbildung/Schwellungen einhergehen. Ursache ist eine Histaminfreisetzung durch Mastzellen in der Haut. Urticaria ist ein typisches allergisches Symptom (und dann potenziell gefährlich), deutlich häufiger sind allerdings nichtallergische Ursachen.
Eine allergische Ursache muss in Betracht gezogen werden, wenn Urticaria rasch nach einem Trigger auftritt (z.B. Nahrungsmittel, Insektenstich, Medikament) und nach wenigen Stunden wieder abklingt; oft treten dann auch weitere Beschwerden auf bis hin zum allergischen Schock.
Davon abzugrenzen ist chronische Urticaria (Dauer >6 Wochen), bei der meist keine Ursachen beobachtet werden können (spontanes Auftreten) und die häufig, wenn nicht täglich auftritt. Ihre Ursachen wurden in den letzten Jahren erforscht. Es handelt sich um eine harmlose "autoallergische" bzw. autoimmune Mastzell-Aktivierung, die lange anhalten kann.
Sie ist zwar nicht gefährlich, der Leidensdruck durch den Juckreiz kann aber sehr hoch sein.
Bei ungenügender Kontrolle von Juckreiz und Schwellungen durch Medikamente ist eine allergologische Untersuchung sinnvoll.
Bei chronischer Urticaria werden primär Antihistaminika in hohen Dosen eingesetzt; bei ungenügendem Erfolg kann - bei hohem Leidensdruck - eine Behandlung mit Biologika (Anti-IgE) durchgeführt werden, die gut wirksam und verträglich ist. Weitere Biologika sind in Entwicklung.
Kortisone sollen bei chronischer Urticaria nicht eingesetzt werden.
Obere Atemwege (Hals-Nase-Ohren)
Nasenpolypen
sind eine eigenständige nichtallergische Erkrankung. Die Betroffenen leiden vor allem unter dauerhaft behinderter Nasenatmung und eingeschränktem Riechvermögen. Häufig entwickelt sich eine Beteiligung auch der unteren Atemwege (Asthma). Mitunter liegen auch eine Schmerzmittel-Unverträg- lichkeit vor (NSAID-Intoleranz, man spricht dann von einer Widal- oder Samter-Trias), sowie eine Alkohol-Intoleranz.
Ursache ist eine eosinophile Entzündung der Atemwege.
Oft werden die Symptome nicht als Ausdruck ein und derselben Grunderkrankung erkannt. Bei vielen Betroffenen werden einmal oder mehrfach die Polypen operativ entfernt. Operationen lösen jedoch das Grundproblem nicht (Polypen treten nachfolgend fast immer erneut auf) und können in Kenntnis der korrekten Diagnose durch eine medikamentöse Therapie hinausgezögert oder sogar vermieden werden.